Voraussetzungen für solche Anwendungen sind riesige Datenmengen (Big Data), die mit Hilfe der künstlichen Intelligenz immer effizienter bearbeitet werden können. Große Datenmengen fallen zum Beispiel beim Zahlungsverkehr an, aber auch an den Börsen mit ihren zahlreichen Kursen und Notierungen für die unterschiedlichsten Basiswerte oder Wirtschaftsdaten. Die Datenmasse wird im Zuge der künstlichen Intelligenz mit den Methoden des maschinellen Lernens bearbeitet. Dabei analysieren Maschinen anhand von Algorithmen die vorhandenen Daten und lernen daraus. Anschließend wird das Erlernte auf neue Datenmengen angewandt. Oder einfacher gesagt: KI ist das Zusammenspiel von Massendaten, ausreichender Rechenkapazität und maschinellem Lernen.
Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Sehr populär ist es gerade mithilfe der künstlichen Intelligenz die Geldanlage zu steuern oder Börsenstimmungen einzufangen. Die digitale Vermögensverwaltung wird durch sogenannte Robo-Adviser gelenkt, deren automatisierte Anlagestrategien auf Algorithmen basieren. Dabei werden die unterschiedlichsten Börsendaten herangezogen und Robo-Adviser stellen auf dieser Basis ein Depot zusammen und überwachen es für den Anleger. Durch ein sogenanntes automatisches Rebalancing des Depots werden die Aufteilungen auf bspw. Aktien, Anleihen oder Cash neu gewichtet.
Erste Enttäuschungen
Wie schwierig die Anpassung der Depots solcher automatisierten Vermögensverwalter ist, hat der Kursrücksetzer Ende Januar gezeigt, bei dem sowohl die Aktien- als auch die Anleihemärkte deutlich gefallen sind. „Gemischte Portfolien, die zur einen Hälfte aus Aktien und zur anderen Hälfte aus Anleihen bestehen, verloren in der Spitze fast neun Prozent an Wert“, sagt Carsten Riehemann von der Vermögensverwaltung Albrecht, Kitta & Co. „Ein Grund für die zum Teil enttäuschende Performance der auf Algorithmen basierenden Strategien ist, dass Absicherungs- oder Stopp-Loss-Mechanismen zu einem guten Teil fehlen“, ergänzt Riehemann.
Ein anderes Anwendungsgebiet ist, mit Hilfe der künstlichen Intelligenz, das Internet nach Einschätzungen zu Aktien zu durchsuchen und daraus Anlegerstimmungen abzuleiten. Daraus wurde sogar ein Index für US-Aktien abgeleitet, der Buzz Next Gen AI US Sentiment Leaders Index. Die Stimmungen zu den einzelnen Titeln basieren auf Einschätzungen oder Kommentaren aus dem Internet, wie etwa den sozialen Medien. Es werden nur amerikanische Blue Chips unter die Lupe genommen, 75 daraus schaffen es in den Sentimentindex. Laut Jamie Wise, dem Begründer des Sentiment-Indikators, hat der Index, seit dem Start im Jahre 2013, in jedem Jahr besser abgeschnitten als der S&P 500. Wenig überraschend waren viele US-Tech-Aktien, wie zum Beispiel Apple oder Alphabet, im Index enthalten, da diese Titel aufgrund der guten Performance häufig ein Thema in den Onlinemedien waren.
Mensch vs. Maschine
Die wachsenden Anwendungen von künstlicher Intelligenz erfordern jedoch auch einen zunehmenden Bedarf an Rechenleistung, die traditionelle PC-Prozessoren oft nicht mehr leisten können. Firmen wie Nvidia oder der zur japanischen Softbank gehörende Prozessorhersteller ARM entwickeln daher neue Chips, um den Einsatz von KI voranzutreiben. Unternehmen und Anleger sollten sich aber auch der Grenzen der künstlichen Intelligenz bewusst sein. KI-Anwendungen sind nur so gut wie die ihnen zugrunde liegenden Daten, aus denen gelernt werden kann. Daher hat die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) in ihrem Grundsatzpapier zu den aufsichtsrechtlichen Herausforderungen durch Big Data und künstlicher Intelligenz festgestellt: Ansätze zur generellen Nachbildung von menschlicher Intelligenz - harte KI - seien nach wie vor nicht absehbar.