Der Zinsanstieg in den USA macht viele Investoren immer nervöser. Immerhin verbuchen sie nicht nur kräftige Kursverluste bei Anleihen, inzwischen geht es auch am Aktienmarkt deutlich abwärts. So ist der Dow Jones nach dem sensationellen Jahresauftakt allein am Montag im Tief um historische 1.600 Punkte eingebrochen, um danach „nur“ mit einem Tagesverlust von knapp 1.200 Punkten zu enden. Im Anschluss haben sich die Märkte zwar beruhigt, aber die Frage nach der Zinsentwicklung bleibt. Denn einen derart dynamischen Aufwärtstrend bei den Zinsen hatte kaum jemand vorhergesagt. Seit Jahresanfang sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen um 45 Basispunkte (0,45 Prozentpunkte) auf 2,85 Prozent nach oben geschossen und nähern sich damit rasant der Marke von 3,0 Prozent an, die der Konsens der Volkswirte erst für Ende 2018 vorhergesagt hatte. Sollte der Zinsanstieg in dem Tempo weitergehen, könnte der Wert allerdings noch in diesem Monat erreicht werden.
Leidtragende einer solchen Entwicklung wären sicherlich Aktien aus dem Immobiliensektor, Versorger oder Aktien von Unternehmen, die eine hohe Dividende zahlen. Die steigenden Zinsen belasten z.B. Immobilientitel. Dividendenstarke Aktien verlieren in einem Umfeld steigender Renditen ebenfalls an Attraktivität, weil Anleihen wieder zu einer Aktienalternative werden. Im Niedrigzinsumfeld ist es umgekehrt: dann sind Dividendenaktien für Anleger, die meist überwiegend in Anleihen investieren, eine Möglichkeit, um noch Renditechancen wahrnehmen zu können. Schließlich werfen Anleihen dann nur noch geringe Erträge ab. Je höher die Renditen klettern, desto stärker könnten Dividendentitel unter Druck geraten. Bei stark steigenden Zinsen würden aber auch andere Titel verlieren, weil dies die Wirtschaft insgesamt stärker belasten dürfte und zahlreiche Unternehmen ihre Gewinn- und Umsatzerwartungen anpassen müssten.
Bei moderat steigenden Renditen dürfte es dagegen mehrere Profiteure geben, vor allem aber zyklische Unternehmen, weil steigende Zinsen häufig mit einer robusten Wirtschaftsentwicklung einhergehen und genau diese Unternehmen mit ihren Produkten gefragt sind. Im DAX sind etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen Zykliker, im S&P 500® dagegen rund 40 Prozent. Viele von ihnen verdienen ihr Geld im Ausland, weshalb ein schwacher Dollar die US-Zykliker zusätzlich begünstigen könnte. Auch Finanzwerte wie Banken dürften zu den Gewinnern steigender Zinsen und Renditen gehören. Ihre Zinsmarge nimmt tendenziell zu, wenn die Zinsen zulegen. Das ist auch der Grund für die sehr parallele Wertentwicklung von Anleihenrenditen und den Aktienkursen. Technologieaktien dürften ebenfalls nur eingeschränkt unter moderat steigenden Zinsen leiden, da auch ihr Geschäft eine starke zyklische Komponente hat.
Nicht immer können die Auswirkungen eindeutig zugeordnet werden wie das Beispiel Daimler zeigt. Es ist ein zyklisches Unternehmen, das von einer robusten Autokonjunktur profitiert. Andererseits zahlen sie mit rund 4,5 Prozent einer der höchsten Dividendenrenditen im DAX®.